Der „Brexit“ kann britischen Unternehmen Geschäftschancen außerhalb der EU bieten

Zollgebühren werden evtl. schon bald europäische Online-Verbraucher abschrecken. Allerdings können britische Online-Händler durch das Bedienen globaler Märkte ihre Existenz sichern und sogar wachsen.

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Dominic Dithurbide

27. Juli 2016

LESEDAUER: 8 MIN.

Der britische E-Commerce war über Jahre der stärkste E-Commerce-Markt Europas und vor dem im vergangenen Monat beschlossenen Brexit wurde ihm bis 2018 ein Volumen von 132 Milliarden USD prognostiziert. Die Umsätze aus dem M-Commerce hatten einen Anteil von etwa 50 % am gesamten, britischen E-Commerce-Umsatz. Mit knapp 90 % hat der Markt den höchsten Anteil an Online-Käufern in Westeuropa.

Die Aussichten für britische Online-Händler waren herausragend ... doch in einer Welt nach dem Brexit werden sich diesen Unternehmen sicherlich zahlreiche neue Herausforderungen stellen. Wie wir kürzlich berichteten, werden aufgrund der höheren Zollgebühren voraussichtlich weniger europäische Konsumenten auf britischen E-Commerce-Websites einkaufen, sollten sich Großbritannien und die EU nach dem endgültigen Austritt aus der Europäischen Union im Jahr 2018 nicht auf ein Freihandelsabkommen einigen können.

Dies sind schlechte Neuigkeiten für britische Online-Händler, deren Erfolg häufig von europäischen Online-Käufern abhängt. Aktuell haben die Exporte britischer Online-Händler einen Anteil am Volumen der europäischen Märkte von über 50 %, wobei knapp 40 % dieser Nachfrage französischen und deutschen Verbrauchern zu verdanken ist. Diese Exporte machen ein ganzes Fünftel des britischen Online-Handels und über 6 % des britischen BIP aus.

Der Einsatz ist hoch

Die Auswirkungen des Brexit-Referendums sind bereits jetzt spürbar. So hat beispielsweise der Internationale Währungsfonds in der vergangenen Woche Änderungen an seinen Prognosen hinsichtlich des britischen Exportwachstums vorgenommen. Noch vor wenigen Monaten hatte der IWF ein britisches Wachstum von 1,9 % für das Jahr 2016 und 2,2 % für das Jahr 2017 vorausgesagt. Diese Hochrechnungen mussten nach unten korrigiert werden, um 0,2 bzw. 0,9 Prozentpunkte. In einem kürzlichen Artikel schrieb ein Direktor des IWF, der Brexit habe auf globaler Ebene „einen Strich durch die Wachstumsambitionen gemacht“.

Außerdem wird davon ausgegangen, dass diese Auswirkungen langfristig sein werden. Laut einer Studie wird das britische Haushaltseinkommen bis zum Jahr 2030 um mindestens 1.500 GBP schrumpfen. Pessimistischere Berichte gehen von einer negativeren Entwicklung mit einem Rückgang von bis zu 5.000 GBP aus. Die Daten einer anderen Studie weisen darauf hin, das BIP könne um 1,3 % sinken. Dieser Rückgang könne bis zum Jahr 2020 bei 3,3 % und bis 2030 sogar bei zwischen 2,7 % und 7,7 % liegen. Da – sowohl kurz-, als auch langfristig – so viel auf dem Spiel steht, können es sich britische Online-Händler einfach nicht leisten, unbeteiligte Außenstehende zu sein. Proaktive Maßnahmen sind erforderlich. Sollten sich europäische Konsumenten in den kommenden Jahren von britischen E-Commerce-Websites abwenden, würde dies ein enormes Risiko für den britischen, 174 Milliarden EUR (191,5 Milliarden USD) schweren B2C-E-Commerce-Markt bedeuten.

Doch was können britische Online-Händler tun? Als Erstes sollten sie sich den Rat einer Sprecherin von HM Treasury zu Herzen nehmen, den diese kürzlich gab: „Die Entscheidung, die Europäische Union zu verlassen, läutet für die britische Wirtschaft ein vollkommen neues Zeitalter ein“, sagte sie, „doch dabei geben wir der Welt gleichzeitig ein klares Statement ab: Unser Land ist weiterhin mehr als bereit, Geschäftsbeziehungen zu pflegen. Wir sind weiterhin das weltoffene, global orientierte und durchdachte Entscheidungen treffende Land, das wir seit jeher sind.“

Und auf diese Weise können britische Online-Händler ihre Umsätze und ihren Profit sichern. Sie müssen ihre Produkte weiterhin online vertreiben und sollten ihre Websites zusätzlichen internationalen Märkten verfügbar machen.

Durch das Bedienen von Märkten außerhalb der EU können britische Unternehmen die Umsatzverluste aus dem Rückgang der Ausgaben europäischer Konsumenten kompensieren. Außerdem können sie dadurch, dass sie sich an Verbraucher aus aller Welt richten, ebenfalls ihre Markenbekanntheit und Profitabilität steigern.

Eine unkomplizierte Lösung

Britische Online-Händler können unkompliziert bewährte Technologien und authentische, kulturelle Besonderheiten berücksichtigende Übersetzungen nutzen, um in neue Online-Märkte zu expandieren und globale Konsumenten in denen von diesen bevorzugten Sprachen zu bedienen. Vor einigen Jahren war dies noch eine technisch komplexe und unglaublich kostenintensive Maßnahme. Doch mittlerweile können Websites preisgünstig übersetzt und in weniger als 60 Tagen bereitgestellt werden.

(Die MotionPoint-Lösung lässt sich kinderleicht anpassen, um lokalisierte Websites zahlreichen internationalen Märkten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus umfasst sie Technologien, die das SERP-Ranking dieser in den bevorzugten Sprachen veröffentlichten Websites in regionalen Suchmaschinen verbessern und die Anzahl an Seitenzugriffen und die Konversionsraten steigern.)

Dank dieser Lösungen können britische Online-Händler ihren Fokus auf den wichtigsten Aspekt legen: die Identifikation der für sie idealen Märkte außerhalb der EU.

In diesem Zusammenhang rät Export Britain, eine Online-Informationsquelle der British Chambers of Commerce: „Bei der Planung oder Durchführung von Expansionen Ihres Exportgeschäfts besteht der erste Schritt darin, die Märkte mit den für Sie besten Geschäftschancen zu identifizieren und so viele Informationen wie möglich darüber zu sammeln, entweder online, oder von Personen, die auf diesen Märkten agieren.“

Welches die idealen Zielmärkte sind?

Obwohl wir keine speziellen Einblicke vor Ort liefern können, konnten wir doch einige interessante Märkte identifizieren, bei denen sich Expansionen aufgrund eines wachsenden, grenzüberschreitenden E-Commerce besonders lohnen. Einige dieser Erkenntnisse stammen aus den Quellen Dritter, während wir wiederum andere aus Analysen der exklusiven Daten und Einblicke von MotionPoint gewinnen konnten.

Kolumbien

Export Britain hat Kolumbien als einen idealen Markt für expandierende britische Unternehmen identifiziert, besonders für jene, die Technologien, Produkte und Dienstleistungen anbieten, die den konstanten Ausbau der Infrastruktur des Landes fördern. Außerdem werden die in Zusammenhang mit Expansionen stehenden Risiken durch die vernünftige Finanzpolitik des Markts und die Freihandelsabkommen reduziert.

Dies stimmt mit unseren Erkenntnissen überein. Bei unseren Analysen der Performance fast eines Dutzends von uns betriebener spanischsprachiger Websites hinsichtlich Seitenzugriffen, Konversionsraten und generierter Umsätze durch kolumbianische Konsumenten, konnten wir beeindruckende Ergebnisse feststellen. Innerhalb von nur zwei Jahren konnte die spanischsprachige Website einer internationalen Fluggesellschaft einen Anstieg der Seitenzugriffe durch kolumbianische Konsumenten von 40 % erreichen. Innerhalb desselben Zeitrahmens konnte die Anzahl an Buchungen von Flugtickets um über 800 % gesteigert werden. Auch die spanischsprachige Website einer anderen Fluggesellschaft konnte innerhalb eines Jahres ein Wachstum von knapp 75 % erzielen.

Darüber hinaus befindet sich auch der traditionelle Einzelhandel, wie die Modebranche, im Wachstum. Die spanischsprachige Website einer global agierenden Modemarke erreichte im Verlauf eines Jahres 26 % mehr Seitenzugriffe und einen um 41 % höheren Umsatz durch kolumbianische Konsumenten. Auch die spanischsprachige Website eines führenden britischen Modehändlers konnte einen Anstieg an Seitenzugriffen um 20 % und des Umsatzes von 25 % durch kolumbianische Kunden erzielen.

Mexiko

Dank des offensichtlichen, konstanten Wirtschaftswachstums wird Mexiko laut einem Bericht von Export Britain bis zum Jahr 2050 die siebtgrößte Wirtschaftsnation der Welt sein, sodass man diesen Markt bereits heute bedienen sollte. Weitere überzeugende Faktoren bestehen in den integrierten Lieferketten, den mit über 40 Ländern getroffenen Freihandelsabkommen sowie den einzigartigen Geschäftschancen, die sich Einzelhändlern auch in andere Sektoren wie der Fertigungsindustrie und der Telekommunikationsbranche bieten.

Die von MotionPoint erhobenen Daten stützen dies. Der grenzüberschreitende E-Commerce Mexikos befindet sich im Aufschwung. Wir haben die Performance führender, von uns betriebener, spanischsprachiger Websites untersucht, die ursprünglich eingeführt wurden, um die spanischsprachige Bevölkerung in den USA zu bedienen. Dabei konnten wir feststellen, dass knapp 20 % der Seitenzugriffe auf diese E-Commerce-Websites mexikanischen Einkäufern zu verdanken waren. Dieser Anteil lag bei Nichtberücksichtigung anderer spanischsprachiger Märkte sogar bei über 50 %.

Darüber hinaus geben mexikanische Online-Konsumenten bei ihren Käufen viel Geld aus. Die spanischsprachige US-Bevölkerung zeigt gegenüber dem US-amerikanischen Durchschnitt um 20 % höhere Bestellwerte. Und Mexikaner geben pro Bestellung sogar noch knapp 95 % mehr aus als die spanischsprachige US-Bevölkerung.

China

Chinas jüngste industrielle Entwicklungen haben zu dem prognostizierten Einbruch der Wirtschaft des Landes geführt, auch wenn es sich dabei nicht um den „dramatischen Untergang“ handelt, vor dem einige Analysten warnen. Trotz des Einbruchs bieten sich laut Export Britain britischen Unternehmen gute Bedingungen für Expansionen. Laut Ansicht des Verbands zeigen der Lebensmittel- und Finanzdienstleistungssektor einzigartige Erfolgsaussichten. Andere Analysten gehen davon aus, dass sich die Umsätze des chinesischen E-Commerce bis zum Jahr 2019 verdoppeln werden.

Auch wir sind der Meinung, dass China ein idealer Zielmarkt für Expansionen britischer Online-Händler ist. Der Konsum nimmt zu. Dies lässt sich unter anderem daran erkennen, dass der unglaublich erfolgreiche, chinesische Internethändler Alibaba, der in seinen „virtuellen Einkaufszentren“ nationale und internationale Marken anbietet, Walmart bald als weltweit größten Einzelhändler ablösen wird. Chinesische Verbraucher haben alleine im vergangenen Jahr fast 500 Milliarden USD auf Websites und für Dienstleistungen von Alibaba ausgegeben. Der Gesamtumsatz des Einzelhandels stieg im März um 10,6 % und lag somit etwas über dem erwarteten Wert.

Auch der grenzüberschreitende E-Commerce in China befindet sich im Aufschwung. So konnte allein im letzten Jahr ein Wachstum von über 70 % verzeichnet werden. Es wird davon ausgegangen, dass in diesem Jahr ein Anteil von mehr als 15 % der chinesischen Bevölkerung im grenzüberschreitenden E-Commerce durchschnittlich 473,26 USD ausgeben wird. Es wird erwartet, dass dieser Anteil bis 2020 auf ganze 25 % der Bevölkerung ansteigen wird, dies entspricht 350,5 Millionen Menschen.

Südkorea

Die sehr Internet-versierte, „immer mit dem Internet verbundene“ Bevölkerung Südkoreas ist verrückt nach dem E-Commerce. Laut einem Bericht von Export Britain bieten sich britischen Unternehmen verschiedenster Branchen, darunter Finanzdienstleistungen, Mode, Textilien, Lebensmittel und Getränke, in Südkorea wunderbare Wachstumschancen.

Die Erfahrungen von MotionPoint decken sich mit diesen Erkenntnissen. Südkoreaner sind sehr versierte Käufer des grenzüberschreitenden E-Commerce. Da aufgrund lokaler Einzelhandelsmonopole Produkte nationaler Unternehmen online unverschämt teuer sind, kaufen Koreaner zunehmend auf den Websites ausländischer Online-Händler. Selbst wenn man die Versandkosten, Zollgebühren und ungünstige Wechselkurse berücksichtigt, liegen die Preise üblicherweise unter den von lokalen Händlern angebotenen Preisen.

Dieses Jikgu genannte Phänomen befindet sich auf dem Vormarsch. So stiegen die südkoreanischen E-Commerce-Importe zwischen 2009 und 2013 um ein Fünffaches an und die Importe des Jahres 2014 brachen den 1-Milliarden-USD-Rekord aus dem Jahr 2013. Man sollte es sich also keinesfalls entgehen lassen, diese cleveren Einkäufer zu bedienen.

Japan

„Japan bietet Unternehmen vielversprechende Aussichten, die in einen großen und stabilen Markt expandieren möchten“, heißt es in einem Artikel von Export Britain. „Auf dem japanischen Markt gibt es sehr viele Verbraucher mit einem hohen verfügbaren Einkommen.“ Dabei sind es nach Meinung des Verbands vor allem britische Unternehmen aus den Branchen Dienstleistungen, Technologien und Fertigung, die die größten Erfolge erwarten können.

Auch wir empfehlen Japan als Zielmarkt für Expansionen. Wir haben diesen Markt kürzlich in unserer Trendbook-E-Book-Reihe vorgestellt. Dabei haben wir die Performance der über 1.000 lokalisierten, von MotionPoint betriebenen Websites untersucht und die daraus gewonnenen Erkenntnisse mit maßgebenden Informationen Dritter kombiniert, um wachsende bzw. für Expansionen interessante Online-Märkte zu identifizieren.

Japan hat es ohne Probleme in unsere Liste der 30 Märkte geschafft, auf denen sich globale Online-Expansionen am meisten lohnen. Dies ist aufgrund der Bevölkerung ein sehr attraktiver Markt, da die Menschen meist viel Geld sparen, um dieses für bestimmte Güter wie beliebte und Luxusmode auszugeben.

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Letzte Aktualisierung: 27. Juli 2016
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Über Dominic Dithurbide

Dominic Dithurbide hat seine Karriere als kreativer, zielorientierter Marketingleiter der Übersetzungsbranche gewidmet. Dominic bringt seine Fachkenntnisse in den Bereichen des globalen Marketings, der Nachfragegenerierung und Markteinführungsstrategien in das Marketingteam von MotionPoint ein.

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Dominic Dithurbide

Marketing Manager

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